Ludwig-Eberle-Weg

Ludwig Eberle

 

 

Pfronten war tief verschneit, als Ludwig Eberle in der Nacht zum 5. Dezember 1905 sich anschickte, das Licht der Welt zu erblicken. Der Vater Anton Eberle musste von Steinach bis nach Weißbach laufen, um die Hebamme zu holen. Nein, leicht hatte es der Anton Eberle auch sonst nicht, seine siebenköpfige Familie rechtschaffen zu ernähren. Zu seinem Haus gehörte kaum Grund und Boden, so dass die Familie von dem nicht üppigen Lohn des Vaters als Mechaniker leben musste.

 

Dennoch gelang es dem Anton Eberle in Steinach die Hausnummer 332 (Bäckerweg 9) erwerben zu können. Das Haus hatte 100 Jahre zuvor dem Fidel Henninger gehört. Mit ihm kam der Hausname „Fidölar“ auf und der blieb den nachfolgenden Besitzern. Anton Eberle war ein „Fidöler“ und selbstverständlich auch sein Sohn Ludwig. Auch er verdiente sich den Lebensunterhalt für seine Familie als Mechaniker.

 

Aber seine ganzes Tun und Streben galt seiner Heimat Pfronten. Besonders bedrückend war für ihn, als er 1945 in Frankreich in amerikanische Gefangenschaft geraten war. In Marseille verfasste er seinen „Gruß an Pfronten“, in dem er seiner Sehnsucht nach einer Heimkehr in einfachen, aber einfühlsamen Worten Ausdruck verlieh. Das von Helmut Himmer vertonte Gedicht gilt seit Jahren als „Nationalhymne“ Pfrontens.

 

Wieder zu Hause opferte Ludwig Eberle seine ganze Freizeit der Heimatpflege. Man erzählt sich, dass er als Naturfreund für ein paar Alpenblumen-Setzlinge bis nach Oberstdorf und sogar nach Lindau geradelt sei. Zusammen mit Pius Lotter muss man ihn als Vater des Pfrontener Alpengartens ansehen.

 

Ein Erbe seines Vaters war Ludwig Eberles Hang zur Poesie. Während ihre in hochdeutscher Sprache abgefassten Gedichte heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind, ist dem dialektkundigen Pfrontener Anton Eberles Mundartgedicht „D Leffassebosse“ noch wohl bekannt. Mehr Erfolg hatte der Sohn Ludwig mit seinen „Versla“, die er in drei Gedichtbänden im Selbstverlag veröffentlichte. Pius Lotter hat etliche in sein Buch „Pfrontar Spinnar und Originale“ aufgenommen. Einige wurden von Martin Heer, Klara Lämmlein oder Walter von Samson vertont. Die Lieder zählen heute zum Standardrepertoire von Pfrontener Musikanten.

 

Überhaupt lagen dem „Fidölar“ die Bewahrung der Mundart und des Brauchtums seines Heimatortes sehr am Herzen. Zusammen mit ebenso begeisterten Heimatkundlern gründete er 1958 den Heimatverein Pfronten, dessen Vorsitzender er bis 1961 war. Außerdem versammelte er einige Verslesmacher um sich, um eine einheitliche Schreibweise der Mundart zu erreichen. Es war eine Gruppe, die nicht unter einen Hut zu bringen war. Sie nannten sich „Pfrontar Spinnar“, was nicht negativ gemeint war. Es sollte ausdrücken, dass jeder ein Individualist mit seiner eigenen Originalität war. Acht „Spinnar“, darunter Ludwig Eberle, hat der Heimatverein mit dem „Spinnarabzeichen“ geehrt und 1976 wurde Eberle sein Ehrenmitglied.

 

In reiferen Jahren wurde es stiller um Ludwig Eberle. Nach einer vorausgehenden Ehe heiratete er noch die Französin Nicole Hurpy, mit der ihn eine Seelenverwandtschaft verband. Mit einfachen Skizzen hat sie Eberles Gedichte illustriert.

 

Sehr gefreut hat den „Fidölar“, dass ihm die Gemeinde Pfronten die Bürgermedaille für seine Verdienste um die Heimatpflege verliehen hat. Und noch mehr hätte er sich sicher gefreut, dass ein kleiner Weg im Rieder Neubaugebiet nach ihm benannt worden ist.

 

Das aber hat er nicht mehr erlebt. Am 18. Oktober 2000 hat er sein nicht immer leichtes, aber doch so schöpferisches Leben beendet.

 

 

Bertold Pölcher