Steinebachweg

Ausschnitt aus der Uraufnahme 1818
Der Steinebach, nach dem dieser Weg in Kappel benannt ist, sammelt sein Wasser hoch oben am Edelsberg und endete früher in einer breiten Zunge im Kappeler Moos. So jedenfalls zeigt es die erste Katasterkarte von 1818. Das Sickerwasser hat dann die aus Norden herkommende Faule Ach gespeist.

Normalerweise ist der Steinebach ein friedlicher Geselle, dessen Wasserkraft man zu schätzen wusste. An seinem linken Ufer oberhalb der heutigen Bundesstraße hat deshalb Sebastian Angerer von der alten Hausnummer 41 (Waldwinkelweg 8 „Bobl“) eine Gipsmühle errichten lassen, wo gebrannte Gipssteine zermahlen wurden. Heute befindet sich hier das Betriebsgelände der Transportfirma Heer.

So um 1930 errichteten dann die Kappeler mitten im oberen Weidach, oberhalb der ehemaligen Gipsmühle und damaligen Säge, sogar eine kleine Badeanstalt, die für heutige Begriffe relativ primitiv war und die meiste Zeit nur ein sehr erfrischendes Badevergnügen geboten hat. Eine Tafel warnte: „Nur für Eisbären!“

Aber der Steinebach kann auch ein ganz anderes Gesicht zeigen. Wenn sich über dem Edelsberg ein Unwetter entlädt, dann schwillt er zu einem reißenden Gebirgsbach an. Als er noch nicht an seinen Uferrändern verbaut und durch Steinstufen gezähmt war, brachte er den Kappelern viel Ungemach. Wenn die herabschießenden Wassermassen nach links ausbrachen, dann gruben sie tiefe Furchen in das Kulturland, trugen wertvollen Humus weg und überschütteten die Äcker und Wiesen mit Kies und Geröll, so dass viel Mühe notwendig war, um die Felder wieder brauchbar zu machen. 1777 mussten deshalb etliche Grundstücke aus der Steuer genommen werden. Beim oben genannten Sebastian Angerer heißt es zum Beispiel 1 Mezensath am Hagackher ... aber, so alles mit Stein Jber schittet, und gar wenig mer Wie zu Ersehen kann genuzet werden.

Schlimmer aber kam es, wenn sich ein Hochwasser nach rechts einen neuen Lauf suchte. Dann war praktisch der ganze nördliche Ortsteil in Kappel bedroht. So ein Unglück passierte 1710. Damals schossen die Wassermassen auf Hs.- Nr. 29 zu, drangen in Stall und Scheuer ein und schwollen in der Stube bis zur Ofenbank an, so dass es dem damaligen Hausbesitzer himmelangst wurde und er seine Geißen zu seinen Kindern auf den Stubentisch rettete. So berichtet es der Benefiziat Hipp in seiner Kappeler Chronik.

Nur einer freute sich, wenn der Steinebach wieder mal so richtig hochging. Das war der Steinhauer Anton Keller in Hausnummer 19 (Bgm.-Franz-Keller-Straße 7). Im Geschiebe des Flusses fanden sich dann nämlich immer wieder größere und kleinere Marmorbrocken, die er für seine Weihwasserkessel-Produktion gut brauchen konnte. Ein Steintrog, den Pius Lotter beim Umbau von Hausnummer 19 gefunden hat, befindet sich noch in der heimatkundlichen Sammlung im Heimathaus.

Im Kapeller Ösch, also links des Steinebachs, lag früher ein großer Marmorblock, der sich oben in der Höll gelöst hatte und vor Zeiten bei so einem Unwetter nach unten transportiert worden war. Die Felder ringsum nannte man deshalb „beim Stein“, der wohl in der heutigen Flurnummer 500 lag. Diesen "Marbelstein" verkaufte die Gemeinde Kappel 1760 um 180 fl nach St. Nikolaus in Eichstätt für stattliche 180 fl - und dabei, so meinte Benefiziat Hipp, hätte man noch weitaus mehr dafür bekommen können, denn der Stein war „sehr große, lang und breit“ .

Der Transport dieses steinernen Riesen mag damals eine recht aufwändige Angelegenheit gewesen sein. Die Radlader der Firma Heer hätten damit kaum Probleme gehabt und der Anfahrtsweg wäre nur ein Katzensprung gewesen.

Bertold Pölcher (Pfronten Mosaik, Heft 34, 2005)