Bgm.-Schallhammer-Weg

Zugegeben, für einen verdienten und angesehenen Bürgermeister ist das vom Lindenweg in Weißbach abzweigende Sträßlein mit einem Wendehammer schon ein bisschen arg kurz. Aber dafür hat es einen, wenn man so will, authentischen Namen. Denn das kleine Neubaugebiet, das der Bgm.-Schallhammer-Weg erschließt, gehörte früher zum Schallhammerschen Grundbesitz.

Franz Schallhammer als Bürgermeister

Die Geburt des nachmaligen Bürgermeisters Franz (Seraph) Schallhammer stand zunächst einmal unter keinem guten Stern. Sein Großvater, der Rössle-Wirt in Weißbach, hat nämlich nie erlaubt, dass der Vater Johann Schallhammer seine große Liebe, die Hammerschmiedstochter Marianne Hartmann, heiraten durfte. So kam der kleine Franz zusammen mit zwei anderen Geschwistern als illegitimes, also uneheliches, Kind am 6. September 1864 in der Hartmannschen Hammerschmiede in Heitlern (Obweg 30) zur Welt. Erst als der Großvater 1867 das Zeitliche gesegnet hatte, konnten die Eltern ihr Verhältnis legalisieren. Johann Schallhammer kehrte nun nach Weißbach zurück, doch die hochverschuldete Rössle-Wirtschaft konnte er nicht mehr halten. Nach einem Aufenthalt in München, wo er als Bräumeister arbeitete und zwei weitere Kinder zur Welt kamen, versuchte er wieder in Pfronten Fuß zu fassen. Als Mieter lebte er nun mit seiner Familie zunächst in Ösch, Hausnummer 256, und zuletzt in Hausnummer 429 in Heitlern.

Der junge Franz Schallhammer lernte in der Firma Wetzer den Beruf eines Mechanikers. Am 12. Januar 1891 heiratete er dann die um acht Jahre ältere Berta Lotter, auch aus Heitlern vom "Bantner" (Obweg 12) stammend. Da er von seinem Vater keine großen Reichtümer zu erwarten hatte, ist es schon erstaunlich, dass es dem Franz Schallhammer geglückt ist, 1895/96 das Anwesen bei "Martele" (Füssener Straße 4) erwerben zu können. Hier betrieben er und seine Frau eine "Nebenerwerbslandwirtschaft" mit 3 - 4 Kühen.

Franz Schallhammer war Neuem gegenüber aufgeschlossen. 1898 erwarb er eine sogenannte "Radfahrkarte" und da befand er sich in bester Gesellschaft mit Dr. Hiller, dem Kaufmann Georg Kolb, den Fabrikanten Thomas Haff und Hermann und Rudolf Wetzer sowie dem Pfarrer Dr. Ludwig Kohnle. Ein weiterer Vorzug Schallhammers war auch seine Zuverlässigkeit. Oft sah man ihn beim Frühschoppen sitzen, aber wenn er um 12 Uhr heimkam, dann konnte man die Uhr nach ihm stellen. Für seine spätere politische Karriere gewiss nicht hinderlich war auch sein hervorragendes Zahlengedächtnis. Es wurde ihm nachgesagt, dass er von allen Leuten, die zu ihm kamen, die Geburtstage auswendig wusste. Das mag ein bisschen übertrieben sein, aber gut rechnen konnte er noch in vorgerücktem Alter.

Ja, und dann kam die Bürgermeisterwahl des Jahres 1906. In der "Ussern Gmoind" standen sich zwei Kandidaten gegenüber: Von den Konservativen bewarb sich der bisherige Bürgermeister Franz Xaver Furtenbach, während die "Fortschrittler" den Franz Schallhammer ins Rennen schickten. Der Wahlkampf muss heftig gewesen sein, es standen sich nämlich zwei gleich starke Lager gegenüber. So fiel auch das Ergebnis aus. Ein unbekannter "Dichter" machte sich darüber lustig:
Anno 1906 bei dear Bürgarmeistrwahl hottas doasut:
Zweimol hobba gwählt und nocha no gloasut.
0 andr Gmuida hunt grödt vu dem Pfruntar Skandal.
D Nösslwangar hunt gföpplut: Bachfurt oder Hammerschall?

Ob nun wirklich gleich zweimal gewählt und dann immer noch gelost werden musste, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ging die Wahl denkbar knapp aus. Die damalige Zeitung berichtete nämlich, dass auf Furtenbach 100 Stimmen entfielen und auf den siegreichen Schallhammer 102.

Die Gräben, die die Wahl von 1906 in der Gemeinde aufgerissen hatte, konnte Schallhammer offenbar wieder zuschütten. Von nun an leitete er mit Umsicht ganze 28 Jahre lang die Geschicke von Berpfronten. 1931, bei seinem 25-jährigen Dienstjubiläum erhielt der Bürgermeister 181 Mark und 3 Pfennig als Gratifikation.

Das Gemeindeamt befand sich im ehemaligen "Martele"-Anwesen in Weißbach. Das nannte man allerdings nun beim "Bürgermeister". In der schlechten Zeit stand dort im Hausgang ein Tischchen, wo Arbeitslose einen Stempel erhielten, damit sie ihre 5 Mark pro Woche abholen konnten.

Die Kommunikationsmöglichkeiten waren damals noch nicht so komfortabel wie heute. Das Weißbacher Bürgermeisteramt musste sich einen Telefonanschluss mit dem benachbarten Gasthaus Post teilen, so dass die jeweiligen Anrufe "abgehört" werden konnten. Wenn es nun wieder einmal beim Bürgermeister in der Leitung verdächtig knackte, konnte es schon vorkommen, dass Schallhammer seiner in der Post verheirateten Schwester empfahl: "Marie leg ruhig auf. I verzöll dir s schoa!"

Franz Schallhammer als "Rentner"

Anfangs der Dreißiger Jahre allerdings hatten sich die politischen Verhältnisse nicht ganz im Sinne von Franz Schallhammer geändert. Braune Töne waren ihm zuwider. "Wenn ma dia Lumpe wählt, noa hand mer an Krieag", soll er einmal geäußert haben. Solche Reden aber haben dem Bürgermeister gewiss nicht nur Freunde eingebracht. Und weil er inzwischen immerhin auch schon 70 Jahre alt war, reichte er 1934 schließlich seinen Rücktritt ein.

Schon in den Jahren zuvor war seine Frau Berta nicht mehr ganz gesund gewesen. Opa Schallhammer, wie seine Enkelin Viktoria ihn nannte, hat die Oma bis zu ihrem Tod 1929 aufopfernd gepflegt. Am liebsten aber fuhr der Opa zur Verwandtschaft ins Lechtal. Eine Schwiegertochter stammte nämlich aus Forchach und in Holzgau lebte die "Tante Rosa". Mit dem "Schnellzug" ging's zuerst nach Reutte und dann mit dem Postbus ins Tal hinein. Dort war Schallhammer ein gern gesehener Gast, weil er wenig Arbeit verursachte. Am Vormittag trank er im Gasthaus seinen Tiroler Roten und nachmittags wusch er an einem Bächle seine verdreckten Schupftücher. Davon hatte er in seinem Koffer immer eine ausreichende Menge dabei.

Mit dem Beginn des unseligen Krieges, den der Bürgermeister Schallhammer schon vorausgesehen hatte, wurde es um den alten Mann immer ruhiger. Der "Bilderbuchopa" saß viel in seinem Lehnstuhl, über dem die Ehrenbürgerurkunde seines Heimatortes hing. Am 2. Oktober 1940 hat Franz Schallhammer seinen Lebenslauf beendet.

Bertold Pölcher (Pfronten Mosaik, Heft 47, 2008)