Bgm.-Franz-Keller-Straße

Bürgermeister Franz Keller (1900-1966)
Nur ganz wenige Familien haben in Pfronten eine solche Tradition wie die Keller. Schon 1497 erscheint in einer Urkunde, das Benefizium in Kappel betreffend, eine „Kellerin“ und fast 100 Jahre später taucht zwischen 1574 – 1582 im ältesten Pfrontener Protokollbuch ein Marx (Markus) Keller auf. Er war Gerichtsschreiber, der die Urkunden der Pfarrei verwaltete und durch diese Kenntnisse zweifellos einen großen Einfluss auf die Gemeindepolitik hatte. Den höchsten Posten in Pfronten, den eines Pfarrhauptmanns, errangen 1666 Thomas Keller und 1793 Johann Thomas Keller.

Die eigentliche Heimat der Keller war durch die Jahrhunderte hindurch immer der Ortsteil Kappel. Dort lebte von 1629 – 1700 der Wagner Hans Keller, von dem alle heutigen Keller abstammen, so die drei bekannten Kunstmaler Joseph, Karl und Alois Keller und auch Franz Keller, nach dem die Straße in Kappel benannt wurde.

Franz Keller kam im Haus „bei Süeße“ (Bgm.-Franz-Keller-Straße 4), als Sohn des Landwirts Hans Keller und seiner Frau Johanna Wohlfart am 22.08.1900 zur Welt. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1922 übernahm er das elterliche Anwesen. 1930 heiratete er Theresia Allgayer von Kappel.

Franz Keller war von 1937 an für lange Jahre Geschäftsführer und später dann auch Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenbank Pfronten. In Kappel übernahm der das Amt des Kirchenpflegers und es gelang ihm, nach dem Krieg die bereits abtransportierten alten Glocken wieder zu beschaffen. Im März 1948, als das politische Leben nach dem völligen Zusammenbruch wieder einen Neuanfang nahm, wurde er zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde gewählt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode am 28.12.1966. Groß waren damals die Probleme in dem mit Flüchtlingen überfüllten Pfronten und auch später, in der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, waren weitreichende Entscheidungen über die Entwicklung Pfrontens (Landwirtschaft, Ansiedlung von Industrie und/oder Fremdenverkehr) notwendig.
Aus der Landwirtschaft stammend vertrat er dabei eher eine konservative Richtung, ohne dass er sich den Anforderungen der auch in Pfronten an Bedeutung wachsenden Industrie verschloss. Eine Tafel in der Grundschule Pfronten erinnert noch an Kellers große Verdienste beim Bau dieser Bildungseinrichtung, in einer Zeit, als die Finanzierung eines solchen Projekts noch nicht durch staatliche Mittel abgesichert war.

Jagdleidenschaften

Bürgermeister Keller war ein geselliger Mensch und vor allem ein Jäger mit Leib und Seele. Die Bosch-Jagd und ihre Jäger hatten in ihm stets einen Freund und Fürsprecher. Vertraglich stand ihm jedes Jahr der Abschuss eines Hirsches und eines Rehbocks frei. Bei jeder Treibjagd war er als erstklassiger Schütze und humorvoller Mensch gern gesehen. Über ein Jagderlebnis „der besonderen Art“ berichtet Oberjäger Rudolf Aletsee in seinen „Erinnerungen über die Pfrontener Jagd“: „Einmal saßen wir am Scheidbach auf einen Rehbock an. Wir hatten uns direkt am Bach niedergelassen und Keller rauchte genüsslich eine Zigarre. Da kam eine hübsches Mädchen über die blühenden Wiesen heranspaziert und, als sie sich von einem gewissen Drang befreit hatte, erfrischte sie sich durch eine Art Sitzbad am Bach. Keller beobachtete die Vorführung recht genau mit dem Jagdglas und rutschte dabei, um alles genau sehen zu können, hin und her. Dabei stieß er sein Gewehr in den Bach. Während sich die holde Maid nun an der Sonne trocknen ließ, musste ich als Jagdhelfer, Kellers Büchse trocken legen.“

Als die Jagdzeit des Jahres 1966 zu Ende ging, hatte Keller noch keinen Hirsch erlegt. Mit Oberjäger Aletsee, der im Vilstal einen alten Hirsch beobachtet hatte, vereinbarte er deshalb - trotz harter Winterszeit - noch eine Abendpirsch. Allerdings war ihnen an diesem Tag kein Jagderfolg beschieden. Nach der Rückkehr zum Gasthaus „Berg und Tal“ bestiegen beide Jäger ihre Fahrzeuge, wo Keller bald darauf während der Fahrt einen Herzanfall erlitt. Man brachte den Bewusstlosen sofort zum Arzt, doch konnte der nur noch seinen Tod feststellen.

Am Silvestertag wurde Bürgermeister Keller unter großer Anteilnahme seiner Mitbürger beerdigt. Es wird berichtet, dass während der Grabreden ein starker Hirsch in der Nähe des Friedhofs vorbeizog.

Ob es der Hirsch war, der von Keller auf seiner letzten Pirsch verschont worden war?

Bertold Pölcher (Pfronten Mosaik, Heft 2, 2000)