Geschichte des Friedhofs in Pfronten-Berg

Der Pestfriedhof

Bis 1803 wurden die verstorbenen Pfrontener im Friedhof rings um die Pfarrkirche begraben. Der sogenannte „äußere Friedhof“ westlich von St. Nikolaus war der alte Pestfriedhof. Er dürfte eine quadratische Fläche eingenommen haben.

1699 scheint er etwas erweitert worden zu sein. Dort fanden nun Fremde, Soldaten und Vagabunden, die im Pfarrfriedhof keine Grabstätte hatten, ihre letzte Ruhe. Es wird von Steinbrecher-, Maurer-, Zimmerer, Dachdecker- und Schmiedearbeiten auf dem „Pestfriedhof“ berichtet. [1]Damals wurde wohl einem Beinhaus (Seelhaus) errichtet, in dem die ausgegrabenen Gebeine aus dem Pfarrfriedhof aufbewahrt wurden.


[1] Pfrontener Bote 1911 Nr. 20 und 33

Der Pestfriedhof wird neuer Pfarrfriedhof

1803 kam das Hochstift Augsburg und damit auch Pfronten an das Kurfürstentum Bayern. Die neue Regierung ordnete alsbald an, dass Verstorbene nicht mehr in der nächsten Umgebung der Pfarrkirche bestattet werden durften.

Nun wurde der Pestfriedhof allgemeiner Gottesacker. Am 5. April 1805 verstarb der Bauer Sebastian Geiß von Röfleuten Nr. 143 mit 63 Jahren. Er war der erste, der auf „dem äußeren Gottesacker“ begraben wurde.

 

Durch die neue bayerische Gesetzgebung wurde auch der Zuzug von Auswärtigen erleichtert. Damit wuchs die Bevölkerungszahl und deshalb auch das Bedürfnis nach neuen Grablegen.

 

Die Rechtler (= Pfarrgemeinde) vertauschten 1841 daher die Flurnummer 2712 ½, ein Grundstück im sogenannten Lehen. Es erhielt danach die Bezeichnung „Gottesackerhaldenwies“. Dafür konnte unter Pfarrer Dr. Magnus Jocham der Berger Friedhof nördlich und westlich erweitert und mit einem Kostenaufwand von fast 300 fl die baufällige Ringmauer um den Gottesacker erneuert werden. [1] Außerdem ließ Jocham auf dem neuen Areal unter großer Mithilfe seiner Pfarrgemeinde eine Friedhofskapelle errichten.[2] Im Zuge dieser Maßnahmen wurden auch die Gräber „correktioniert“, d.h. sie wurden neu ausgerichtet und die Grabsteine umgesetzt.[3]


[1] GA Pfronten Gemeinderechnung 1841/42

[2] Rund um den Falkenstein Nr. 15, Seite 262, und Nr. 16, Seite 285

[3] GA Pfronten Gemeinderechnung 1842/43

Der Friedhof von Pfarrer Stach

Als Joseph Anton Stach 1881 in Pfronten sein geistliches Amt als Pfarrherr antrat, war das Problem des Platzmangels schon wieder akut. Bald nach seinem Aufzug gelang es ihm, an der Ostseite des bestehenden Friedhofs ein größeres Grundstück erwerben zu können, so dass sich der Friedhof nun ein gutes Stück weiter in Richtung Pfarrkirche ausdehnen konnte. Nun fasste Stach den Entschluss, dem alten Gottesacker ein völlig neues Gesicht zu geben.

 

Der grundlegenden Veränderung des Friedhofs stand nur noch die östliche Friedhofmauer und das Bein- oder Seelenhäusleins im Wege. Nach der Beseitigung dieser Hindernisse konnte Stach seine Pläne in die Tat umsetzen.

 

Das Zentrum im „neuen“ Pfarrfriedhof sollte ein repräsentatives Priestergrab werden, in dem verstorbene Geistliche ihre letzte Ruhestätte finden sollten. Für die Anlage dieses Grabes fand Stach in dem Geschwisterpaar Joseph und Theresia Epp aus Ried hochherzige Spender, die zum Dank – vermutlich – hier begraben wurden. Als erster Geistlicher aus Pfronten wurde aber erst 1963 Franz Xaver Huber hier zu Grabe getragen, ihm folgten noch 1992 Rupert Endres und 1997 Alois Meisburger.

 

Es fällt auf, dass das Priestergrab nicht in der Mitte des ehemaligen Pestfriedhofes zu stehen kam, sondern in seiner südwestlichen Ecke. Aber erst hier wurde es zum Endpunkt einer Allee, die das Priestergrab optisch mit dem Turm der Pfarrkirche verband.

Stach wollte offensichtlich „seinen“ neuen Friedhof wie ein Programm inszenieren.

In den Gräberreihen – drei nördlich und vier bis fünf südlich der Allee – konnten nach seiner Ansicht die Verstorbenen getrost auf den Tag der Auferstehung warten: Sie waren so zwischen ihren ehemaligen Priestern und der Pfarrkirche eingebettet.

Begleitet sollten sie dabei durch einen Kreuzweg werden. Das ist die symbolische Darstellung der Via dolorosa in Jerusalem, dem Leidensweg Christi von seiner Verurteilung bis zur Kreuzigung und Grablegung.

 

Für die 14 Stationen dieses, in einem Friedhof einmaligen, Kreuzweges beschaffte sich Stach gusseiserne Bildtafeln samt Rahmen von der Berg- und Hüttenverwaltung in Achtal im Chiemseegebiet. Sie wurden auf die 232 Grabstätten so verteilt, dass die Stationen 1 – 8 rechts der Allee und die restlichen auf der anderen Seite zu stehen kamen. Die 1. Station übernahm Pfarrer Stach selbst für die Grabstätte gleich rechts des Einganges. Diese hatte er zusammen mit der Witwe Caroline Huber aus Steinach gekauft und dort wurde er nach seinem tödlichen Sturz am Aggenstein zu Grabe getragen.

 

Die Nachfrage nach Gräbern mit einer Bildtafel war offenbar größer als der Initiator erhofft hatte. Zu den 14 Kreuzwegstationen kamen deshalb noch drei aus dem siebenteiligen „Schmerzensweg Maria“ und eine aus dem „Glorreichen Rosenkranz“ hinzu, insgesamt waren es also 18 Gräber mit einer Bildtafel.

 

Bei der Einteilung der Grabstätten wurden sogenannte Familiengräber mit einer Breite von 4 m eingeplant. Zwei Familien sollten sich hier zwei Hälften teilen, auf denen dann ein Grabdenkmal stehen sollte. Dieses ursprüngliche Programm zeigt sich noch heute im Grab Nr. 7. Alte verwitterte und kaum mehr lesbare Inschriften beweisen, dass eine Hälfte der Bäckerfamilie Weiß in Berg 188 gehörte, während der linke Teil von der Verwandtschaft in Dorf 394 (Joseph Anton Lingg) bzw. Heitlern 424

(August Stapf) belegt wurde.

Den heutigen Besitzern der ganzen Grabstätte (Familie Kölbl) ist es zu verdanken, dass auch das Eisengitter der ursprünglichen Einzäunung im Originalzustand erhalten wurde.

Bis zum Beginn dieses Jahrhunderts waren vom Stach’schen Kreuzweg – dem Zeitgeschmack entsprechend – nur noch sechs Stationen übriggeblieben und auch sie meist nur noch in veränderter Form. Selbst das Priestergrab zeigte deutliche Risse im Mauerwerk, das den hohen Baldachin trug.

 

Wenn man den ursprünglichen und den Friedhof unverwechselbar prägenden Kreuzweg retten wollte, war es allerhöchste Zeit!

 

Franz und Gertraud Randel haben deshalb in akribischer Arbeit die verloren geglaubten Bildnisse wieder gesucht und sogar gefunden. Sie riefen zusammen mit dem Heimatverein auch ein Spendenkonto ins Leben, das sehr bald das Interesse von vielen Pfrontenern für den Erhalt des Kreuzwegs zeigte. Auch einige Grabbesitzer wollten sich an der Restaurierung ihrer Grablege beteiligen. Es meldeten sich sogar Interessenten, die eine „heimatlose“ Kreuzwegstation übernehmen wollten. Den Durchbruch brachte aber erst die Beteiligung der Gemeinde Pfronten unter Bürgermeister Beppo Zeislmeier und Zuschüsse aus dem Leader+ -Programm. Nun konnte das aufwändige und kostspielige Projekt begonnen und unter Beteiligung des Landesamtes für Denkmalpflege fachkundig ausgeführt werden.

 

So hat Pfronten nun wieder einen Friedhof bekommen, der zu einem besinnlichen Spaziergang einlädt.